Hörstück gibt einen Vorgeschmack auf die Geschichte des Vereins »Neue Arbeit Chemnitz«
Für die multimediale Kunstbiennale POCHEN in Chemnitz produzierte das Team von Rohnstock Biografien eigens eine Audioinstallation mit Ausschnitten aus Geschichten über die Entstehung des Vereins. Die in Interviews und Digitalen Erzählsalons gesammelten Erfahrungen sind nun als Hörstück auf unserem YouTube-Kanal abrufbar. Auf Grundlage der Erzählungen entsteht ein Buch, das im nächsten Frühjahr erscheint.
Anfang 2019 hatte Mario John, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Chemnitz, angeregt, die Geschichte des Vereins »Neue Arbeit Chemnitz« festzuhalten. Daraufhin kam Doris Müller, Erste Vorsitzende des Vereins, auf Rohnstock Biografien zu – mit dem Ergebnis, dass Anfang dieses Jahres Interviews und Digitale Erzählsalons mit den Zeitzeugen und Wegbegleitern von Doris Müller durchgeführt wurden, um die unterschiedlichen Erinnerungen und Erfahrungen zusammenzutragen. Für die multimediale Kunstbiennale POCHEN in Chemnitz produzierte das Team von Rohnstock Biografien eigens eine Audioinstallation mit Ausschnitten aus den Zeitzeugenberichten. Dieses authentische Stück Zeitgeschichte ist nun als Hörstück auf dem YouTube-Kanal von Rohnstock Biografien abrufbar. Das Buch zum Verein wird im nächsten Frühjahr erscheinen.
Das Hörstück auf YouTube können Sie hier abrufen.
Zum Hintergrund: Als vor dreißig Jahren die Mauer fiel, wurde schnell klar, dass die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten einen gewaltigen Strukturwandel in der Wirtschaft der ehemaligen DDR mit sich bringen wird. Die sächsische Industriemetropole Chemnitz – das frühere Karl-Marx-Stadt – war besonders stark betroffen. In der dortigen textil- und metall-verarbeitenden Industrie hatten über Jahrzehnte Tausende Menschen in Lohn und Brot gestanden. Binnen kurzer Zeit wurden diese Großbetriebe abgewickelt oder ihre Belegschaft auf ein Minimum reduziert. Um den zahllosen Menschen, die in der Metallbranche den Weg in die Arbeitslosigkeit gehen mussten, zur Seite zu stehen, gründete die IG Metall 1992 in drei Städten die Neue Arbeit Sachsen: in Leipzig, Dresden und Chemnitz entstanden Beratungsbüros, deren Mitarbeiter Menschen ohne Arbeit halfen, ihre Rechte durchzusetzen. Daraus ging der Verein »Neue Arbeit Chemnitz« hervor, der über die Beratung hinaus ein weiteres Ziel verfolgte: Menschen Hilfe zur Selbsthilfe zu bieten, damit Erwerbslose nicht nur auf Unterstützung von außen angewiesen waren, sondern selbst aktiv werden konnten, um sich mit ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten eine neue Existenz aufzubauen. Die treibende Kraft war Doris Müller, die – selbst arbeitslos geworden – mit viel Herzblut und Erfindungsreichtum daran arbeitete, Arbeitslosen eine Stimme und ein neues Selbstbewusstein zu geben. Sie engagierte sich beispielsweise bei den Chemnitzer Arbeitslosenkonferenzen, die ab 1994 regelmäßig stattfanden und stieß eine Selbsthilfegruppe für arbeitslos gewordene Ingenieure an, aus der später eine Genossenschaft wurde. Doris Müller wurde nicht nur die Vorsitzende des Vereins »Neue Arbeit Chemnitz«, sie setzte sich auch 15 Jahre lang als Stadträtin für die Themen ein, die ihr am Herzen lagen. Gemeinsam mit Sieghard Bender, von 1991 bis 2013 Erster Bevollmächtigter der IG Metall in Chemnitz, baute sie das Otto-Brenner-Haus als Domizil für die »Neue Arbeit Chemnitz« auf. Das Haus wurde nicht nur ein Treffpunkt für Selbsthilfegruppen, sondern es entstanden dort mehrere Projekte, die tatsächlich neue Arbeit schufen. Doris Müller ist eine der Erzählerinnen in einem von der Stiftung »Neue Länder« in der Otto Brenner-Stiftung geförderten Buch über die »Neue Arbeit Chemnitz«, das im Frühjahr 2021 erscheinen wird.