UNSERE AUTOBIOGRAFIKERIN
Sophia Schleichardt

Erinnerungen als Trostspender und Haltgeber am Lebensabend

Zu meinem großen Glück bin ich in eine Familie hineingeboren, in der von Herzen gern erzählt und zugehört wurde. Es wimmelte nur so von Geschichten und ich wollte sie alle hören, wieder und wieder, bis ins kleinste Detail. Stundenlang konnte ich in alten Fotoalben und Zeiten versinken. Nie gingen mir die Fragen aus, nie meiner Familie die Antworten. Diese Neugierde, die Freude am Zuhören, am Eintauchen in andere Geschichten und am Aufspüren der »großen Linien« darin sind ungebrochen, genau wie das Bedürfnis, Vergangenes zu bewahren. Dass all dies in einem so passgenauen Beruf münden kann – auch das empfinde ich als ein Glück.

 

Welch ungeheure Kraft eine Autobiografie in sich birgt

 

Zum Glück noch rechtzeitig schrieb ich vor einigen Jahren die Lebensgeschichte meiner Großmutter auf und konnte miterleben, welch ungeheure Kraft eine Autobiografie in sich birgt. Wie stolz sie dieses Buch gemacht hat, wie es ihr Ruhe und Orientierung gab. Wie die bewahrten Geschichten allen, die sie lasen, wieder neue entlockten und den Austausch beflügelten. Und nicht zuletzt: Welchen Trost ein solches Buch spenden kann, welchen Halt es gibt, wenn man sich schließlich voneinander verabschieden muss.

 

Ins Zuhören versunkenen Söhne: noch so ein Glück

 

Ich wurzele in der Dübener Heide, in die ich inzwischen mit eigener Familie zurückgekehrt bin. Auch bei uns wimmelt es von Geschichten. Der Anblick unserer beiden ins Zuhören versunkenen Söhne: noch so ein Glück. Wenn uns etwas aus den tiefen Schubladen unserer Zeit hinaushelfen kann, dann ist es wohl diese schöne alte Kultur: einander zu erzählen und zuzuhören.

 

 

 

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Jedes Wort will wohlgesetzt sein, jede Nuance ist von Bedeutung

Ich habe Germanistik, Journalistik und Psychologie in Leipzig studiert, erste Texte habe ich im Magazin und im Eulenspiegel veröffentlicht. Das Schreiben hat mich immer begleitet, jedoch zog es mich zunächst in die Sprachwissenschaft. Hier widmete ich mich eingehender der »Wirkmacht« von Sprache und dem Blick hinter deren Kulissen. Promoviert habe ich zum Wiedervereinigungsdiskurs und zu der Frage, wie der Begriff »ostdeutsch« in Politik, Medien und im privaten Erzählen über die Jahre »aufgeladen« worden ist. Bei all dem habe ich in Theorie und Praxis verinnerlichen können: Jedes Wort will wohlgesetzt sein, jede Nuance ist von Bedeutung.

 

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