Start der Wander-Ausstellung »Schicksal Treuhand - Treuhand Schicksale«
Von Rohnstock Biografien kuratierte Schau der Rosa-Luxemburg-Stiftung eröffnet am 20. August im Kunsthaus Erfurt (Tipp: Erzählsalon am 22. August, 18.30 Uhr)
Wer in diesen Wochen und Monaten an 30 Jahre politische Wende in der DDR und an die Grenzöffnung erinnert, kommt an einem Thema nicht vorbei: die Treuhandanstalt. Heute ist offensichtlich, dass deren marktwirtschaftliche „Schocktherapie“ sich massiv bis in die Gegenwart auswirkt – wirtschaftlich-strukturell ebenso wie individuell-biografisch.
Die Rosa-Luxemburg-Stiftung lässt in einer neuen Wanderausstellung (20.-29.8. im Kunsthaus Erfurt) Zeitzeug*innen zu Wort kommen, deren Lebensgeschichten durch das Agieren der Treuhandanstalt unmittelbar beeinflusst wurden. Sie waren zur Wendezeit beispielsweise Schlosser auf der Neptunwerft Rostock, Kranführerin im Stahlwerk Riesa, Maurer im Chemiekombinat Buna, Kumpel im Kaliwerk Bischofferode oder Fernsehelektronikerin in Oberschöneweide. Als lebensgroße Porträts treten sie den Besucher*innen in der Ausstellung buchstäblich auf Augenhöhe gegenüber und berichten von ihren Erfahrungen. Über einen QR-Code können kurze Sequenzen aus ihren Erzählungen angehört werden, in denen sich die damalige Stimmungslage auch heute noch widerspiegelt.
Dabei zeigt sich: Die hier geschilderten Erlebnisse und Empfindungen stehen beispielhaft für die Lebensgeschichten von Millionen Ostdeutscher, die durch Privatisierungen, Betriebsschließungen und Massenentlassungen – zeitweilig oder dauerhaft – an den Rand der Gesellschaft gedrängt wurden. Besonders bitter für die Betroffenen war, dass die Treuhandanstalt auf individuelle Lebensleistungen, berufliche Qualifikationen und Kenntnisse aus 40 Jahren DDR ebenso wenig Rücksicht nahm, wie auf Emanzipationserfahrungen der Jahre 1989/90.
In der von Rohnstock Biografien kuratierten Ausstellung werden die Berichte der Betroffenen gerahmt durch die Geschichte volkseigener Betriebe und Kombinate, deren Schicksal unter dem Regime der Treuhandanstalt nachgezeichnet wird. Auch sie stehen exemplarisch dafür, wie die Treuhandanstalt mit dem volkseigenen Vermögen der DDR-Bürger*innen umging. Historisch und politisch eingeordnet wird das Agieren der Treuhand durch Beiträge vom Wirtschaftshistoriker Jörg Roesler, von den Politiker*innen Christa Luft, Hans Modrow und Bodo Ramelow sowie vom dem DDR-Oppositionellen Bernd Gehrke.
Parallel zur Ausstellung erscheint ein Begleitbuch mit den Geschichten der Zeitzeug*innen, welches in der Ausstellung kostenfrei erhältlich ist.
»Schicksal Treuhand - Treuhand Schicksale«
Eine Ausstellung der Rosa-Luxemburg-Stiftung, kuratiert von Rohnstock Biografien
Ausstellungseröffnung am 20. August 2019, um 10.00 Uhr im Kunsthaus Erfurt, Michaelisstraße 34
Anwesend: Dagmar Enkelmann (Vorstandsvorsitzende der Rosa-Luxemburg-Stiftung), Bodo Ramelow (Ministerpräsident des Freistaates Thüringen), Gregor Gysi (Mitglied des Bundestages), Katrin Rohnstock (Kuratorin), Zeitzeug*innen
Erzählsalon zur Ausstellung: »Meine Erfahrungen mit der Treuhandpolitik in Thüringen« am 22. August 2019, 18.30 Uhr im Kunsthaus Erfurt.
Eckdaten der Ausstellung:
25 beidseitig gestaltete Ausstellungstafeln dokumentieren:
- ostdeutsche Lebensgeschichten und Erfahrungen mit der Treuhandanstalt (visualisiert mit Porträts der Erzähler*innen)
- Audioaufnahmen mit dem O-Ton der Erzähler*innen
- die Geschichten von acht Betrieben, drei Kombinaten (Spielwaren Sonneberg, Schwermaschinenbau Magdeburg, Chemische Werke Buna) und zwei Branchen (Stahl- und Getränkebranche) aus allen fünf ostdeutschen Ländern und Berlin
- Prolog und Epilog mit Zitaten von Politiker*innen und einem Historiker
Die nächsten, bereits feststehende Stationen der Wander-Ausstellung:
Dresden (3.9.-25.9.)
Eröffnung der Ausstellung am3. September 2019, 19.00 Uhr
Wir-AG Dresden, Martin-Luther-Straße 21
Mit Katja Kipping (Vorsitzende der Partei DIE LINKE und MdB)
und Peter Porsch (Vorstandsvorsitzender Rosa-Luxemburg-Stiftung
Sachsen)
Crimmitschau (30.9.-28.10.)
Eröffnung der Ausstellung am 30. September 2019, 18.30 Uhr
Sächsisches Industriemuseum/Tuchfabrik, Leipziger Straße 125
Mit Christa Luft (Wirtschaftsministerin in der Modrow-Regierung),
Peter Porsch (Vorstandsvorsitzender Rosa-Luxemburg-Stiftung
Sachsen) und Zeitzeug*innen
Lauchhammer (4.11.-23.11.)
Friedensgedächtniskirche, Kirchstraße 1
Nähere Angaben zur Ausstellungseröffnung in Lauchhammer folgen in Kürze.
Weitere Ausstellungsorte werden demnächst bekannt gegeben.